Die Savvi-App bietet digitales Training on the Job
Das Berufsleben steht nicht still und der Bedarf an Weiterbildungen ist groß. Eine aktuelle Studie zur Weiterbildung des Digitalverbandes Bitkom zeigt: Seit Corona im März 2020 haben 31 Prozent der Befragten mehr Arbeitszeit in Weiterbildung gesteckt.
In den kommenden Jahren wünscht sich ein Großteil der Befragten, die Weiterbildung eigenverantwortlich organisieren zu können (75 Prozent). 63 Prozent wünschen sich, dass sowohl private als berufliche Weiterbildung zu einem modernen Leben dazugehört. Neben fachlichem Wissen sind hier vor allem Soft Skills gefragt. Und mit der Pandemie kamen neue Herausforderungen auf die Unternehmen zu: Führungskräfte mussten sich zum Beispiel damit auseinandersetzen, wie man aus dem Homeoffice heraus ein Team effektiv führt und Projekte steuert.
Julian Fornoff, Mitgründer des MediaTech Hub Accelerator Startups Savvi, ist Psychologe und hat in seiner beruflichen Laufbahn viel im HR-Bereich und Beratung gearbeitet. Was ihm, wenn es um die Entwicklung der Mitarbeitenden ging, immer fehlte, war ein App-basiertes Trainingsangebot, das auch die Soft Skills in den Blick nahm. Zusammen mit seinem Mitgründer Colin Weitmann hat er mit Savvi eine App entwickelt, die berufliche Weiterbildungstrainings für Führungskräfte, aber auch Themen wie mentale Gesundheit oder Resilienz anbietet. Das Team startete mit ihrer Idee beim Startup Service der Universität Potsdam und erhielt das Startup Stipendium EXIST.
„Mentale Gesundheit, Leadership, hybrides Führen aus dem Homeoffice, Trainings für Berufseinsteiger:innen, Produktivitätsthemen, Agiles Management – momentan haben wir einen Grundstock an Programmen im Angebot.“, so Fornoff.
Individuelle Microtrainings dank Persönlichkeitstest
Das Programm erweitert das Team von Savvi kontinuierlich. Die App richtet sich mit ihrem Angebot direkt an Unternehmen, die Lizenzen für ihre Mitarbeitenden erwerben. Wer mit Savvi trainiert, lädt sich die App herunter und füllt einen Persönlichkeitsfragebogen basierend auf Skills aus. Detailliert ausgearbeitete Fragen wie „Bin ich gut in Feedback?“ oder „Kann ich Deadlines gut planen und einhalten?“ identifizieren Schlüsselkompetenzen, Entwicklungspotential und validieren ebenso Schwächen der Befragten im beruflichen Bereich.
Auf Basis des umfassenden Fragebogens erstellt die App ein persönliches „Skill Profile“ und schlägt den User:innen individuelle Trainings vor, die sich mit etwa halbstündigen Einheiten mehrmals pro Woche gut in den Arbeitsalltag integrieren lassen. Wer als Führungskraft merkt, dass ihm/ihr Feedback-Gespräche nicht liegen und es in Zukunft besser machen möchte, der bekommt zum Beispiel in 30-minütigen täglichen „Learning-Nuggets“ ein persönlich zugeschnittenes Angebot. Kurze Videos, die zeigen, wie solche Gespräche gut zu führen sind und anwendungsbezogene Aufgaben zur Vorbereitung stehen dann auf dem Programm. Ergänzt wird das Ganze um gamifizierte Elemente wie Quizfragen oder kleine Daily Challenges, die die Mitarbeitenden täglich aktiv am Thema halten. Wer sich zum Beispiel für ein Programm zu mentaler Gesundheit entscheidet, wird mit verschiedenen Schwerpunkten an Themen herangeführt, die damit verbunden sind, etwa einem Video, das Perfektionismus und Pragmatismus gegenüberstellt und wertvolle Tipps für den täglichen Arbeitskontext dazu gibt. Hinzu kommen kleine Aufgaben, bei denen man eigene Ziele formuliert oder Verhaltensweisen hinterfragen muss.
„Man taucht quasi täglich durch solche Mini-Impulse. Unser Anspruch ist es, rein App-basiert zu funktionieren. Aber je nach Kund:in arbeiten wir ganz unterschiedlich zusammen. Gibt es zum Beispiel klassische Ganztagestrainings, dann schauen wir, wie wir mit der App die internen Trainings über den Zeitraum gut weiterführen können. Wir arbeiten mit einigen auch ganzheitlich zusammen, das heißt, wir stellen Trainier:innen vor Ort. Das kommt auf die Situation an.“, erläutert Gründer Julian Fornoff.
Hinter dem digitalen Trainingsplan steckt ein Algorithmus, den CTO Colin Weitmann kontinuierlich weiterentwickelt. Die Inhalte erarbeitet das Team entweder selbst und vertraut auf interne Kompetenzen oder arbeitet eng mit Trainingsinstituten zusammen. So ist man in Themenbereichen wie Resilienz oder Führung gut aufgestellt und kooperiert für Vertriebstrainings mit Sales Trainer:innen.
Für den B2B-Bereich sind E-Learning-Angebote sehr spannend
Der Markt für berufliche Weiterbildungen ist groß – Trainings vor Ort, Coaching, Workshops, Webinare. Das ist für die Mitarbeitenden wichtig, aber bietet auch den Unternehmen viele Vorteile. Qualifizierte Mitarbeitende sind ein Marktvorteil, in Zeiten des Fachkäftemangels bindet man sie außerdem enger an das Unternehmen und macht sich als Arbeitgeber:in attraktiv.
Gleichzeitig werden Lernformate zukünftig kürzer und finden weniger oft in Präsenz statt – das prognostiziert auch die Bitkom-Studie aus 2022 für die kommenden fünf Jahre.
Mit Savvi richte man sich gezielt an Unternehmen zwischen 300 und 7.000 Mitarbeitenden. Hier gebe es oft viele Berufseinsteiger:innen und Dual-Studierende, die typischerweise Lernbedarf haben. Und die jüngere Zielgruppe sei außerdem App-affiner, so Fornoff. Bei mittelständischen Unternehmen seien Azubis eine spannende Zielgruppe und für größere Unternehmen habe man Nachwuchsprogramme im Angebot. „Wir schauen nach Unternehmen, bei denen es eine gewissen Lernkultur gibt. Manche Konzerne haben selbst eigene Apps und ein Dutzend E-Learning Anbieter. Dort sehen wir uns nicht. Wir sehen uns bei Unternehmen, die im klassischen Sinne Weiterbildungen anbieten und nun um ein digitales Learning Management System verstärken möchten oder innovative Impulse für die jüngeren Mitarbeitenden suchen.“
Seit die App des MediaTech Hub Startups auf dem Markt ist, haben sie bereits namhafte Unternehmen wie Gorillas, MLP oder die Commerzbank gewonnen. Hier ist Savvi besonders wichtig, mit Case Studies und Feedback-Gesprächen das App-Potenzial weiter auszuloten und mittels der Analytics der App auszuwerten: Auf welchen Seiten verbringen die Mitarbeitenden die meiste Zeit, welche Buttons klicken sie? Ergänzend führt Savvis UX-Designer Tiefeninterviews mit den Usern und beobachtet sie bei der Nutzung.
Wie jedes Startups sind sie momentan in einem Prozess zwischen Produktentwicklung und Kundenrückmeldungen und Vertrieb. Das sei herausfordernd, aber auch wichtig für die Weiterentwicklung. Wo kann ich über mein Netzwerk hinaus mein Produkt effizient vertreiben? Dieses Thema solle man als Startup nicht unterschätzen, denn was helfe es, das schönste Produkt zu haben, wenn man keine Abnehmenden finde?
Wie effektiv ist also das App-basierte Arbeiten? „Wenn es ein Thema ist, für das Bewusstsein da ist, macht eine solche Lernmethode über App Sinn. Ist man damit noch ganz am Anfang, dann würde ich eher aufklärend in den persönlichen Kontakt gehen, eine Training vor Ort empfehlen oder eine:n Trainier:in begleitend dazubuchen.“, beschreibt Fornoff seine Einschätzung.
Dadurch, dass die App unterwegs und gut zwischendurch genutzt werden kann und jeden Tag mit kleinen Impulsen weiter durch das gewählte Thema führt, ist die Lernmethode nachhaltig und hilft daran, jeden Tag an sich zu arbeiteten. Mit Gewohnheiten erreiche man viel, so Fornoff.
Mitarbeiterführung lasse sich ebenso trainieren, wie andere das mit ihren Muskeln tun.